Warnung: Enthält Spoiler!
zurück zu Khom – Gründe für Honak
Wie bereits bei der Auswahl der Heldentypen erwähnt, benötigt jeder der SCs einen guten Grund, warum er diese Sache trotz aller Widrigkeiten, Rückschläge und Gefahren für Leib und Leben durchzieht. Und mit Sache meine ich Krieg, Hunger, Durst, Schmerzen, Zweifel und Leid, Anfeindungen und Spott von beiden Seiten, sogar der vermeintlich eigenen. Es kann einen großen Eindruck auf Spieler*innen machen, wenn dieser Feldzug für sie wirklich beinhart wird und nicht zu einem DSA-typischen Sonntagsspaziergang verkommt, wenn sie sich ihren Platz in der Hierarchie hart erarbeiten müssen – und das nachfolgende Erfolgserlebnis wird umso eindrücklicher in Erinnerung bleiben.
(Das mag für jede Gruppe anders sein, unsere hat jedoch an diesem „dreckigen“ Low-Fantasy-Setting großen Gefallen gefunden, gerade weil es sich vom typischen „heldenhaften“ DSA-Erlebnis unterschieden hat, wo man nur freiwillig der Spur aus Brotkrumen folgen muss, um die Lösung geschenkt zu bekommen. Echte Macht braucht eben auch echte Konsequenzen und volle Schicksalshärte.)
Im Prinzip wäre es möglich, die Khom auch auf Seiten der Al’Anfaner zu spielen. Dieser Möglichkeit widme ich mich hier vorerst jedoch nicht, sondern dies soll Gegenstand eines späteren Blogposts werden.
Also dienen folgende Motivationen dazu, auf Seiten der Novadis einzugreifen:
Politik – Der SC ist Teil einer ausländischen Organisation, die ein berechtigtes Interesse daran hat, lieber mit einem schwachen, zum Dank verpflichteten Kalifat in die Zukunft zu gehen, als mit einem siegestrunkenen und unberechenbaren Al’Anfa unter der Führung des Auserwählten eines Gottes! Möglichkeiten hierfür wären also z.B. KGIA oder die entsprechenden Geheimdienste anderer Anrainer, aber auch eine Lehenspflicht gegenüber einem der Grafen/Barone/… des südlichen Almada (z.B. Julka Tilma von Harmamund), der mit der offiziell neutralen Haltung des Kaiserreichs nicht vollkommen einverstanden ist und auf eigene Faust eingreifen will… Selbstverständlich würde im Fall der Fälle eine entsprechende Organisation jegliche Verbindung zu diesem armen Individuum namens SC leugnen.
Macht – Der SC ist in seinem bisherigen Leben am Ende, obwohl ihm doch so viel zusteht! Wenn das nicht ein gefundenes Fressen für denjenigen Gott ist, der sowieso schon seine Finger in diesem Spiel hat … Einer meiner SCs war tatsächlich ein Anhänger / Geweihter des Namenlosen, der sich in diesem Krieg vor allem eines versprach: Macht, Einfluss und Reichtum. All das wäre ihm in der Armee des künftigen Kalifen zuteil geworden, denn er war schließlich ein treibendes Rädchen in der Maschinerie, die diesen Kalifen erst ins Amt hievte.
Umso schöner, dass dieser Namenlosen-Anhänger nichts davon weiß, dass ein anderer, prominenter Protagonist dieses Feldzugs ebenfalls dem Güldenen dient. Was wohl passiert, wenn er es herausfindet?
Das ganze funktioniert natürlich auch ohne einen namenlosen Hintergrund, diese Welt (zumindest in der Version, wie wir sie bespielt haben) ist nicht schwarz und weiß, sondern besitzt einen riesigen Graubereich, in dem sich machthungrige Menschen hinter vermeintlich noblen Motiven verstecken können, bis sie im richtigen Augenblick zuschlagen, und sich eine gute Position unter den Nagel reißen.
Göttlicher Auftrag – Nachdem in meiner Version der Namenlose einen der hochrangigen Geistlichen und zugleich das Oberhaupt eines Staates zu einem Feldzug verführt, um seine Macht auszuweiten, pflegt das Mysterium von Kha in solchen Fällen ebenfalls seine Gegenspieler in die Partie zu holen. Und damit meine ich alle. Im Prinzip hat man hier die freie Auswahl, vom Tsa-geküssten Ex-Soldaten, der unter seinen Visionen leidet (und den Novadis aus Angst vor Anfeindungen nichts von seiner Nähe zu einer echsisch anmutenden Gottheit offenbart), bis zum Trollzacker Barbaren, der aufgrund eines Knöchelchen-Orakels von seinen Berggipfeln steigt. Alle könnten Warnungen vor dem Aufkeimen einer mysteriösen Macht erhalten haben und sollen nun der Sache auf den Grund gehen – was im Zuge eines tobenden Krieges keine einfache Sache ist und oftmals Kompromisse erfordert.
Familienbande – Einer der Angehörigen (Bruder, Mutter, Tochter, …) des SCs ist aus diversen Gründen in den ersten Tagen und Wochen im Krisengebiet verschollen, bzw. der Kontakt abgerissen. Ist sie/er etwa in Kriegsgefangenschaft geraten? Oder gibt es eine Chance, sie/ihn noch vor der Ergreifung aufzuspüren und nach Hause zu bringen? Blöd nur, dass sich von den Novadis keiner für den SC und seine Sache interessiert. Doch da gibt es noch diese Gruppe von Nordländern, die zumindest gesprächsbereit sind – Warum sich nicht erst einmal an die halten und die Augen und Ohren nach dem verschollenen Familienmitglied offenhalten?
Interessant wird es, wenn der erste Interessenskonflikt auftritt: Retten wir den Bruder unserer Gefährtin oder versuchen wir uns zum Oberst durchzuschlagen und ihn außer Gefecht zu setzen? Dringen wir tief in das feindliche Gebiet ein, um eine Versorgungskarawane mit dem Gefangenen zu überfallen, oder bleiben wir an der Front, um die Novadis davon abzuhalten, sich zu hunderten (sinnlos) in den Pikenwall zu werfen?
Spionage – Einer der SCs kann tatsächlich von der Hand Borons oder einer ähnlich gelagerten Organisation auf der Seite des Feindes stammen. Seine Aufgabe ist allerdings nicht etwa, die Novadis zu sabotieren oder sogar die Helden auszuschalten, sondern so viele Informationen wie möglich über die novadische Seite zu sammeln und an die Al’Anfaner durchzustecken, um den Feldzug berechenbarer (und im wahrsten Sinne des Wortes betreibt Honak hier eine makabre Gewinn-/Verlustrechnung) zu machen. Es gilt also, sich bedeckt und unauffällig zu verhalten – und da kommt eine Gruppe von Nordländern gerade recht, in der man mit seiner nichtnovadischen Abstammung plötzlich gar nicht mehr auffällt …
Erpressung – Eine Variante der vorhergehenden Motivation. In diesem Fall wird der SC von den Al’Anfanern dazu erpresst, Spionage / Sabotage durchzuführen, oder dem gefangenen Familienmitglied (Vater, Tochter, Frau, …) ergeht es schlecht.
Rache – Der SC ist ein ehemaliger Sklave, der entflohen ist, befreit oder gar offiziell freigekauft wurde. Er könnte sein neues Leben außerhalb Al’Anfas genießen, wenn man ihm nicht direkt in den ersten Tagen des Feldzugs bei Malkillabad, Selem oder auch später, seine Lebensgrundlage (Haus, Feld, Fischerboot, …) ganz nebenbei zerstört, oder sogar den neuen Ehe-/Lebenspartner versklavt/getötet hätte. Funktioniert umso besser, je konkreter das Feindbild auf der Seite der Al’Anfaner ist, d.h. hier empfiehlt es sich, das Übel mit einem Gesicht zu versehen, z.B. in Form eines hochrangigen Mitglieds einer Grandenfamilie.
Abschließende Frage, die sich jeder SL wahrscheinlich früher oder später stellen wird: Gute Güte, wie bekomme ich überhaupt so viele Strömungen in meiner Kampagne unter einen Hut und irgendwie kanalisiert? Damit möchte ich mich beim nächsten Mal beschäftigen: Intrigenspiel und Zielverfolgung