Als ich 2011 Spieler für die Khom Kampagne gesucht habe, war mir rasch klar, dass das, was ich vorhatte, spezielle Spieler benötigt. Spieler, die das Mammut-Projekt mit mir auf ihren Schultern tragen.
Also suchte ich über ein Forum – allerdings nicht mit einem Zweizeiler, sondern mit einer recht ausführlichen Beschreibung dessen, was ich vorhatte. Es war eine bewusste Einstiegshürde: Spieler, die sich nicht die Mühe machen, zehn Minuten Lesezeit zu investieren, sind auch nicht die richtigen für mein Vorhaben.
Es funktionierte.
Wenn du also mit dem Gedanken spielst, ebenfalls diese Kampagne anzufangen, überlege dir, ob du dich nicht auf einer Metaebene ebenfalls mit deinen Spielern austauschst, um eine gegenseitige Erwartungsklärung herbeizuführen.
Hier für dich der damalige Originaltext:
Worum geht es genau?
„Der Löwe und der Rabe“ – auch bekannt als die Khomkrieg-Kampagne – allerdings in einer „modernisierten“ Form und mit einem enorm aufgestockten Umfang verglichen mit der offiziellen Version!
Wer bin ich?
Ich bin 30 Jahre alt und spiele DSA seit ich zwölf bin. Unter anderem habe ich zwei mal die G7 als Spieler erlebt, hunderte andere Abenteuer gespielt und/oder gemeistert (wobei mir das Meistern im Grunde mehr Spaß macht). Eine große Leidenschaft von mir ist das Schreiben, seien es Kurzgeschichten und Romane (mit und ohne DSA-Hintergrund), Begleitmaterial oder Abenteuer.
Wen suche ich?
Angesprochen darf sich jeder fühlen, der DSA spielt, gespielt hat oder spielen möchte. Einzige Voraussetzung (und viel wichtiger als Spiel- oder Aventurienerfahrung) ist die Bereitschaft, möglichst vollständig in das Land der ersten Sonne einzutauchen und seine Rolle mit Liebe zum Detail und Offenheit auszuspielen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man bereits vor oder nach Borbarad oder dem Jahr des Feuers gespielt hat. Kenntnisse über den tulamidischen Raum sind ausdrücklich nicht erforderlich – ja sogar hinderlich! Ach ja: Wer aus Büchern, dem Boten oder den Abenteuern schon Vorwissen über den Khomkrieg hat soll nicht ausgeschlossen werden, darf sein Wissen darüber aber gerne vergessen.
Und im Detail?
Vor ca. 15 Jahren, als ich die beiden Abenteuer erstanden habe, habe ich mich fürchterlich geärgert, weil sie nur knappe Infos enthalten, keinerlei Abenteuerplot, kaum Szenen, kurz: nichts was ein „klassisches“ Abenteuer ausmacht. Doch was mich damals abgeschreckt hat erscheint mir heute herausfordernd und so reifte in mir die Idee, dass ich diese Kampagne als Chance nutzen könnte, unter anderem auch mal einige interessante Aspekte von Rollenspiel zu probieren (im folgenden mehr).
Ich würde mich also gerne anbieten, diese Kampagne für eine noch zu formende Gruppe zu meistern. Damit sich jeder ein Bild davon machen kann, was ich mir für die Kampagne in etwa so vorgestellt habe, hier einige grobe Eckpunkte für das „Khom-Projekt“:
- Echte Entscheidungsfreiheit – Echte Konsequenzen
Jeder der Helden kann zu jeder Zeit alles tun, was ihm beliebt – muss allerdings mit allen Konsequenzen rechnen – bis zum Heldentod (wobei ich ein sehr wohlwollender Meister und Vertreter der Schule „Helden-sollten-nicht-durch-Zufall-sterben“ bin). Allerdings können gut durchdachte Heldenaktionen die Ereignisse wirklich kippen – und alles verändern.
Beispiel: „Vor euch liegen zwei Wege. Links oder rechts?“ Was die Helden nicht wissen: Auf einem der Wege liegen Räuber auf der Lauer. Üblicherweise sieht der Abenteuerplot vor, dass die Helden auf jeden Fall überfallen werden sollen, d.h. der Meister manipuliert, die Räuber werden immer da sein, egal wie die (vorgegaukelte!) Entscheidung der Helden ausfällt, welchen Weg sie nehmen, was immer sie tun. In unserem Fall wird die Entscheidung eine „echte“ sein. D.h. wenn die Räuber halt links auf der Lauer liegen und die Helden gehen rechts lang (oder schleichen gar querfeldein) werden sie nicht überfallen (oder können die Räuber gar überraschen und plattmachen).
Echte Entscheidungsfreiheit – Echte Konsequenzen. Kein „Weltenverbiegen“ für den Plot.
Kein Held wird dazu gezwungen, die Entscheidung der Gruppe mitzutragen, nur damit das Abenteuer für ihn weitergeht. Wenn die Motivation des Helden für eine bestimmte (z.B. unehrenhafte) Vorgehensweise nicht gegeben ist, dann kann er seiner Wege gehen und die Gruppe (evtl. auch nur zeitweilig) verlassen. Dennoch endet seine Betreuung durch den Meister nicht, seine Beteiligung an der Kampagne kann weitergehen wie er es wünscht.
- Kein Plot
Es gibt keinen Plot, d.h. keine „Geschichte“ die nacherzählt wird. Das einzige, was es gibt, ist der Meta-Plot, der sich im Laufe der etwa zwei aventurischen Jahre abspielt und der unabhängig von den Helden fortschreitet (falls er nicht von diesen entscheidend beeinflusst wird, s.o.). Es gibt kaum vorhergesehene Szenen, alles ist optional, kann, muss aber nicht so passieren. Der eigentliche „Plot“ entsteht erst durch die Interaktion von Spielern und Meister, ändert sich fließend und ist nicht vorhersehbar – nicht mal für den Meister.
Es gibt kein „Nadelöhr“, bei dem man per Railroading hindurchgepresst wird und Entscheidungen treffen muss, für die der jeweilige Held keinerlei Motivation hat. Andererseits wird die Reaktion der Welt auch stark geprägt von Fähigkeiten, Auftreten, kulturellem Hintergrund und sozialer Stellung der Helden. Kein Streuner wird ein Reit-Duell gegen einen Stammesfürsten gewinnen, weil das Abenteuer es „nun mal so vorsieht“ und er in der Gruppe mit Zwerg, Magier und Ingerimm-Geweihtem der Einäugige unter den Blinden ist.
- Kein Harmonisierungsbedarf zum offiziellen Aventurien
Nachdem diese Runde auf den Zeitraum von zwei aventurischen Jahren begrenzt ist und vorerst keine nachfolgenden Abenteuer geplant sind, muss auch keine übertriebene Rücksicht auf die „offiziellen“ Ereignisse genommen werden. Es gibt keine „Pflichttore“, die durchlaufen werden müssen, damit Aventurien nach der Kampagne möglichst exakt die offizielle Gestalt hat. So ist eine echte Entscheidungsfreiheit noch besser umsetzbar. Es gibt z.B. kaum NSCs die per Definitionem (weil sie in der Zukunft benötigt werden) unsterblich sind oder am Tag X Aktion Y durchführen müssen (weil sie in der Zukunft Konsequenz Z erleiden). Natürlich wird es dennoch nicht dazu kommen, dass einer der Helden z.B. Kaiser des Mittelreichs oder Kalif der Novadis wird.
- Autoren-Rolle anstelle Konsumenten-Rolle
Aus der Abwesenheit eines Plots folgt eine veränderte Spieler-Rolle: Wer sich gerne von einer Geschichte beplätschern lassen möchte, wird womöglich wenig Spielspaß haben (wobei ich „passivere, zurückhaltendere“ Spieler ausdrücklich nicht ausschließen möchte). Wer die Geschichte selbst formen möchte, kann hier voll auf seine Kosten kommen. Selbst gestalten ist an der Tagesordnung, „Skriptereignisse“, die Spieler auf die richtige Fährte bringen sollen, wird es in den zwei Jahren höchstens 1-2 geben (denn es wird kaum vorgegebene Fährten geben). Die „Geschichte“, d.h. das Abenteuer das die Helden erleben, wird nur so spannend, wie es die Spieler sich selbst machen. Wer rumsitzt und auf ein Skriptereignis wartet, kann dort eventuell die gesamten zwei Jahre sitzen.
- Echte Macht bei den Helden
Die Helden bekommen „echte“ Macht. Nicht nur durch die Möglichkeit, den Plot entscheidend zu prägen (auch in für den Meister unvorhergesehener und ungeplanter Art und Weise), sondern auch inneraventurisch. Die Helden sind Aktionisten, keine Reaktionisten. Sie selbst treiben die Handlung voran – kaum Auftraggeber, keine erzwungenen Botenjungengänge. Sie selbst bestimmen, was sie tun, bzw. in welche Abhängigkeiten sie sich begeben – es gibt ja schließlich keinen Plot, der sie zwingt sich für genau festgeschriebene Wege zu entscheiden. Jedem Helden einzeln steht es frei, politische Ämter zu erlangen, militärische Karriere zu machen, Einheiten zu befehligen, Kommandounternehmen durchzuführen – oder alles abzulehnen, um im Hintergrund zu bleiben.
Die Helden können (müssen nicht) zu Beginn bereits einen erheblichen Batzen AP haben (Wieviel genau wird im einzelnen je nach Held, Spielerwunsch und Regelsystem vereinbart). Macht genug für einen erheblichen Einfluss auf das Spielgeschehen. Dazu kommen etwa 4000 erwerbbare AP und etliche spezielle Erfahrungen. Alles in allem können (und werden!) die Helden die entscheidenden Machtfaktoren in diesem Konflikt sein.
- Keinerlei Outgame-Wissen über andere Helden
Zu Beginn der Kampagne kennen sich die Helden untereinander in der Regel nicht – abgesehen von einigen verklärten Gerüchten und Legenden, die der eventuelle Ruhm mit sich bringt. Dazu kommt, dass keiner der Spieler irgendein Wissen über die anderen Helden hat – Profession, Aussehen, Fähigkeiten, soziale Stellung, nichts ist bekannt.
Dies bedeutet, dass ein Ingame-Austausch, d.h. eine Kommunikation zwischen den Helden (nicht den Spielern!) nicht nur erwünscht, sondern sogar unabdingbar ist. Alles Wissen, dass man über einen Helden erhält, generiert sich aus Ingame-Aktionen oder -Austausch.
- Low Fantasy Level
Die Kampagne wird sich auf einem vergleichsweise niedrigen Fantasy-Level bewegen. Magie ist selten, sehr mächtig, aber stets unberechenbar. Dämonen, Djinne und andere Übernatürliche sind Highlights und werden nicht zum Tagesgeschäft degradiert. So ist auch gewährleistet, dass die Aktionen der Helden entsprechend Gewicht und auch Auswirkungen haben und die Helden nicht zu Nebendarstellern degradiert werden, die in der Masse der fantastischen Elemente untergehen.
- Hohe Detailtiefe
Ein wesentlicher Bestandteil der Kampagne – und gleichzeitig deren größter Reiz und größte Herausforderung – ist die Begegnung mit der tulamidischen Kultur. Dieser von den meisten eher selten bespielte geografische Raum, die Gepflogenheiten und die Menschen die dort leben, werden eine wesentliche Rolle spielen. Letzten Endes wird dies die Anwesenheit und die Aufgabe der Helden im gesamten Konflikt legitimieren! Daraus leitet sich die Bedingung ab, diesem Lokalkolorit einen entscheidenden Platz einzuräumen und damit eine sehr hohe Detailtiefe. Zwischenmenschliche Beziehungen der Helden untereinander und zu Meisterpersonen (Freunden und Feinden!), das detailierte Verhalten von Helden in alltäglichen Situationen (zumindest zu Anfang) haben enorme Auswirkungen auf das Geschehen – und keine Angst, es wird trotzdem viel gewürfelt und gekämpft werden.
- Hoher Militärischer Anteil
Der Kampagnenhintergrund der kriegerischen Auseinandersetzung bringt es mit sich, dass ein entscheidender Faktor der Heldenleistung und -Erlebnisse mit dem militärischen Feldzug korreliert. Einheitenbewegungen, -planung, Truppenversorgung und Aufklärung, aber auch Teilnahme an Schlachten, Überfällen, Belagerungen sind unabdingbare Bestandteile einer erfolgreichen Einflussnahme durch die Helden. Truppen auf dem Reißbrett zu verschieben, Kriegslisten zu erfinden und zu kontern, Kommandounternehmen zu erdenken und daran teilzunehmen, geschickte Verhandlungen mit Verbündeten und Feinden – all das wird an der Tagesordnung sein und von den Spielern gefordert. Wer als Spieler eine Aversion gegen strategisch-militärische Planung hat, ist hier vielleicht nicht immer richtig aufgehoben – soll an dieser Stelle allerdings nicht kategorisch ausgeschlossen werden.