Karneval der RSP Blogs: Abenteuertitel

Der Karneval der Rollenspielblogs handelt diesen Monat von Abenteuertiteln. Welch besseres Thema für eine Erst-Teilnahme kann man sich wünschen?

Meiner Meinung nach gibt es für Titel zwei ausschlaggebende Aspekte (gleich, ob für Filme, Bücher – oder eben Abenteuer):

  1. Konventionen
  2. Erwartungen

Konventionen können einem ganz schön zu schaffen machen – wenn man in der Position desjenigen steckt, der einen Titel wählen muss.

Beispielhaft sind hier die derzeit gängigen Thrillertitelkonventionen, die ein einzelnes Wort bevorzugen, das dann im Kontext des Romans möglichst interpretierbar ist (Schnitt von Marc Rabe) oder auch nicht (Sakrileg von Dan Brown). Beim Film, der in der Kinofassung Edge of Tomorrow hieß, wurde der Titel der DVD-Veröffentlichung auf Live. Die. Repeat. geändert, weil man sich erhofft hat, so mehr Umsätze zu generieren (ob das geklappt hat, steht auf einem anderen Blatt).

Wie Dnalor in seinem Blogbeitrag ermittelt hat, scheint es für Abenteuer also eine Konvention zu Titeln zwischen 3 und 5 Wörtern zu geben. Warum halten sich nur alle daran? Wahrscheinlich, weil jeder fürchtet, sein Produkt nicht an den Mann / die Frau zu bringen.

Die Konventionen zu brechen, kann sich lohnen, oder auch nicht. Es wäre auf jeden Fall ein Risiko. Ein Abenteuer mit dem Titel Der Oger der aus dem Fenster stieg und verschwand mag recht schnell in der Hand liegen, braucht aber einen verdammt guten Klappentext und eine sensationelle Handlung, um den Titel nicht als bloße Effekthascherei zu entlarven.

Denn Erwartungen sind das zweite, was man für eine Titelwahl beachten muss, wenn man keinen Schiffbruch erleiden möchte (wie z.B. Der Dschungel von Kun Kau Peh).
Es erscheint mir wahrscheinlich, dass ein Abenteuer mit dem Titel Das Ritterturnier von Gareth eindimensionalere Erwartungen weckt, als z.B. Der dritte Zwilling Belhalars.

Es geht darum, Erwartungen zu wecken, diese im Optimalfall aber nicht ganz zu erfüllen, aber auch nicht komplett zu brechen. Erwartungen sind der Grund, warum ein SL ein Abentuer kauft, oder Spieler*innen nach dem Spielen desjenigen am Spieltisch lechzen.
Was mich persönlich angeht (wir sind ja hier ganz unter uns): Abenteuertitel waren mir eigentlich immer wumpe. Wichtiger waren für mich in der Auswahl der Klappentext (falls ich SL war) oder die Meinung des SL (falls ich Spieler war).

Das erste Mal, dass mir klar wurde, welche Macht ein Abenteuertitel haben kann, war im Rahmen der G7-Kampagne. Damals spielten ein weiterer Spieler und ich (quasi als Komplizen des SL) die G7 zum zweiten Mal (ja, so verrückt war ich damals) in einer anderen Gruppe. Diese Gruppe scharte mit den Hufen, wann es denn nun endlich losginge mit der heilbringenden Kampagne. Alle wussten, dass die ersten beiden Titel Alptraum ohne Ende und Unsterbliche Gier hießen. Unser SL wollte jedoch den größten Teil der Spieler „ins kalte Wasser“ werfen, und kündigte deshalb das letzte Vorbereitungsabenteuer an: Verheerende Gewalten (was natürlich nur die maskierten Teile Eins und Zwei der G7 waren). Die Gesichter allein, als irgendwann nach dem zweiten Teil die anderen Spieler merkten, dass sie bereits mitten drin in der G7 steckten und bereits zwei Gezeichnete unter ihnen weilten, waren alle Geheimniskrämerei wert.

Zusammenfassend haben beide vorgenannten Aspekte Konventionen und Erwartungen sehr stark mit Zielpublikum zu tun. Der Titel sagt meiner Meinung nach mehr über die Zielgruppe aus, als über das Werk (oder gar den Autor).

Was also verraten die Erwartungen und Konventionen bezüglich Abenteuertiteln über uns – die Rollenspieler*innen?

Story Now

Es gibt sicher eine Million Gründe zu schreiben. Meiner ist schlicht: Story Now!

Wieso „Now“?

Der Begriff stammt aus der Rollenspieltheorie und bezeichnet eine bestimmte Spiel- und Erzählweise, die ohne Determinismus auskommt, oft sogar ohne Spielleiter. Die Story entsteht hier und jetzt. Am Tisch. Aus dem, was in diesem Augenblick aus dem Mund eines Spielers flutscht.
Ja, richtig. Das kann alles Mögliche sein. Und meist habe ich vorab keine Ahnung davon, was es sein wird. Keiner am Tisch.

Das Gegenstück dazu, das sich dadurch auszeichnet, dass jemand (ein Autor / Spielleiter) sich eine Geschichte ausdenkt, die dann (mal mehr, mal weniger) strikt am Tisch nacherzählt wird, kann man gerne Story Before oder Story After nennen, abhängig davon, wie gehässig man veranlagt ist.
Hier gibt es einen feinen Unterschied: Die meisten wissen nicht, was als nächstes passieren wird. Einer schon – nämlich der Spielleiter (der in manchen Fällen auch gleichzeitig der Autor ist, je nachdem, ob man zu gekauften Abenteuern neigt).

Was hat das mit Schreiben zu tun?

Im ersten Schritt gar nichts. Im zweiten schon.

In der Schreibtheorie unterscheidet man zwischen planenden Autoren („Outlinern“) und entdeckenden Schreibern („Discovery Writern“). Niemand ist beides zu einhundert Prozent. Es sind Archetypen, zu denen jeder Autor in der ein oder anderen Situation seines kreativen Prozesses tendiert.

Ich bin ebenfalls beides. Es gibt jedoch in meinem Schreibprozess diese Momente, für die ich wirklich schreibe. Die den Grund ausmachen, warum ich es tue. Wenn ich ganz in den Worten versinke, die aus mir heraussprudeln, mich die Geschichte mitreißt und ich mich frage: Hab das wirklich ich geschrieben? Wenn ich mit meinen eigenen Figuren mitfühle, mit ihnen leide oder mich freue. Wenn ich ihnen nachempfinden und ihr Schicksal gespannt verfolgen darf.

Wo ich vorab keine Ahnung habe, was als nächstes passiert.

Die Augenblicke, wo die Geschichte für mich als Autor entsteht – Story Now.

PS: Natürlich verliert ein Profi nie die Kontrolle über seine Protagonisten. Aber empfindet er gleichwertig mit ihnen? Erlebt er dasselbe Glücksgefühl? Oder gleicht er mehr einem Lageristen, der Posten auf einer Liste abhakt?