Es gibt sicher eine Million Gründe zu schreiben. Meiner ist schlicht: Story Now!
Wieso „Now“?
Der Begriff stammt aus der Rollenspieltheorie und bezeichnet eine bestimmte Spiel- und Erzählweise, die ohne Determinismus auskommt, oft sogar ohne Spielleiter. Die Story entsteht hier und jetzt. Am Tisch. Aus dem, was in diesem Augenblick aus dem Mund eines Spielers flutscht.
Ja, richtig. Das kann alles Mögliche sein. Und meist habe ich vorab keine Ahnung davon, was es sein wird. Keiner am Tisch.
Das Gegenstück dazu, das sich dadurch auszeichnet, dass jemand (ein Autor / Spielleiter) sich eine Geschichte ausdenkt, die dann (mal mehr, mal weniger) strikt am Tisch nacherzählt wird, kann man gerne Story Before oder Story After nennen, abhängig davon, wie gehässig man veranlagt ist.
Hier gibt es einen feinen Unterschied: Die meisten wissen nicht, was als nächstes passieren wird. Einer schon – nämlich der Spielleiter (der in manchen Fällen auch gleichzeitig der Autor ist, je nachdem, ob man zu gekauften Abenteuern neigt).
Was hat das mit Schreiben zu tun?
Im ersten Schritt gar nichts. Im zweiten schon.
In der Schreibtheorie unterscheidet man zwischen planenden Autoren („Outlinern“) und entdeckenden Schreibern („Discovery Writern“). Niemand ist beides zu einhundert Prozent. Es sind Archetypen, zu denen jeder Autor in der ein oder anderen Situation seines kreativen Prozesses tendiert.
Ich bin ebenfalls beides. Es gibt jedoch in meinem Schreibprozess diese Momente, für die ich wirklich schreibe. Die den Grund ausmachen, warum ich es tue. Wenn ich ganz in den Worten versinke, die aus mir heraussprudeln, mich die Geschichte mitreißt und ich mich frage: Hab das wirklich ich geschrieben? Wenn ich mit meinen eigenen Figuren mitfühle, mit ihnen leide oder mich freue. Wenn ich ihnen nachempfinden und ihr Schicksal gespannt verfolgen darf.
Wo ich vorab keine Ahnung habe, was als nächstes passiert.
Die Augenblicke, wo die Geschichte für mich als Autor entsteht – Story Now.
PS: Natürlich verliert ein Profi nie die Kontrolle über seine Protagonisten. Aber empfindet er gleichwertig mit ihnen? Erlebt er dasselbe Glücksgefühl? Oder gleicht er mehr einem Lageristen, der Posten auf einer Liste abhakt?