Metahelden – Long way to happiness

„Lass uns doch unsere (Meta-)Diskussionen kanalisieren und das ganze als Podcast aufnehmen“ – so viel zur Theorie.

Dass wir unsere erste Episode aufgenommen haben, ist nun mehrere Monate her. Das Aufnehmen wurde mehrmals hart durch die Corona-Krise unterbrochen, denn im Gegensatz zu vielen anderen Podcastern fühlen wir uns wohler, uns beim Aufnehmen gegenüber zu sitzen.

Trotzdem hat sich einiges bewegt: Benjamin ist der gute alte Edirol UA25 abgeraucht, was die Aufnahmen für das Intro zum Podcast verlangsamt (Einsingen ohne Monitor auf dem Kopfhöhrer ist wie Autofahren mit verbundenen Augen) hat. Dennis hat derweil einige Entwürfe für das Podcast Logo entworfen.

Erste Skizzen zum Logo der Metahelden

Er hat mehrere Ideen durchgespielt: Zuerst wäre da die klassische Variante mit zwei gutaussehenden Comichelden, die Benjamin und Dennis wie aus dem Gesicht geschnitten scheinen. Dann gab es Ideen zu Schwert und Schild, was schließlich die ultimative Heldenausrüstung ist (und sich mit einem stilisierten „H“ verschmelzen lässt). Das Puzzleteil stand zudem Pate für die Idee, durch die Metagespräche den fehlenden Teil zu finden, der unser aller Spielerlebnis plötzlich Sinn machen lässt. Es findet sich in Ansätzen auch im dritten Entwurf, das ein stilisiertes „M“ (Überraschung: für „Metahelden“) zeigt, in dem zwei Helden die unteren Ausparungen des Buchstabens erzeugen.

Natürlich haben wir einen klaren Favoriten. Welcher ist eurer?

Khom – Kämpfe und Schlachten (Teil 1 Think Tank)

Schlachten im Rollenspiel überzeugend darzustellen, so ein Zitat eines meiner ehemaligen SLs, sei „immer schwierig und am Ende unbefriedigend“. Wie schön, dass das Rückgrat der Khom Kampagne genau daraus besteht, nicht wahr?

Ich für meinen Teil bin nicht vollkommen der selben Meinung. Ja, natürlich ist es nicht einfach, Schlachten in ihrer Komplexität, Glaubwürdigkeit (oft genug auch Unmenschlichkeit) einerseits, aber zugleich spielbar und spannend darzustellen. Aber es ist auch nicht unmöglich.

Zwei Werkzeuge haben mir damals geholfen, die vielen Scharmützel, Schlachten, Belagerungen usw. zu meiner Gruppe passend umzusetzen:

  • Der Think Tank
  • Der Choreograph

Einen Think Tank kann man sich vielleicht noch vorstellen, aber was zum Kuckuck macht hier ein Choreograph? Schauen wir uns trotzdem zuerst den Think Tank an.

Khom – Der Feind und seine Gesichter (Teil 2)

Im ersten Teil hatte ich angekündigt, der Al’Anfanischen Hydra mehr Köpfe verleihen zu wollen. Blöd nur, wenn der gewohnte Weg fehlschlägt und nicht wirklich brauchbare Ergebnisse liefert. Nun gut, dann nimmt man eben einen anderen.

In diesem Fall habe ich mich an der Struktur des Al’Anfanischen Heeres entlanggehangelt, um weitere Gesichter (und vor allem konkreten Spielnutzen) zu generieren.

Karneval der RSP Blogs: Das Ende des Sommers (Online-Spiel)

(Der Karneval der RSP Blogs wird diesen Monat dankenswerterweise von Timberwere gehostet – mich hat er zu folgendem Beitrag inspiriert)

Oktober 2020. Der Sommer geht zu Ende, die Corona-Saison geht weiter. Steigende Fallzahlen lassen den nächsten Lockdown in greifbare Nähe rücken.

Spielen (im Freien!) wird nicht mehr so einfach werden.

Der April 2020 hat in meinem Rollenspielerleben nach über 25 Jahren tatsächlich noch eine Neuerung gebracht (auch wenn ich wahrscheinlich der letzte, rückständige Spieler auf diesem Planeten bin, der das vorher noch nie gemacht hatte ;-)): Online-Rollenspiel. Unser rettender Strohhalm! Der Heilige Gral des Spielens in Corona-Zeiten! Äh… jein.

Spielen ist immer noch toll. Es ist nur nicht mehr das gleiche. Viele Aspekte sind eine klare Bereicherung, andere doch gewöhnungsbedürftig. Ich habe in einer kleinen, privaten Abrechn… äh… Auflistung einige davon gesammelt, in denen sich Präsenz- und Onlinespiel für meine Gruppe und mich unterschieden haben:

Präsenz bedeutet Anwesenheit

Klingt wie eine Binse, ist für mich elementar wichtig. Erst als es mir genommen wurde, habe ich festgestellt, wie wichtig für mich die Gestik und Mimik meines Gegenübers ist. In meiner Gruppe kennen wir uns wirklich gut. Wir spielen seit Jahren, es gibt entsprechendes Vertrauen – wir sind ein eingespieltes Team. Trotzdem war es für uns schwierig, ein entsprechendes Charakterspiel durchzuführen. All die kleinen Gespräche zwischen zwei SCs, die mit einem kurzen Augenkontakt initiiert werden, und die nicht länger als 1-2 Minuten dauern, aber für unser Charakterspiel so wichtig sind. An „echte“ Konflikte zwischen zwei SCs haben wir nicht mal zu denken gewagt.
Mit unserer Anwesenheit versickert auch die Anwesenheit unseres Charakterspiels.

Das Jucken in den Würfelfingern

Wieder so ein unterschätzter Aspekt. Haptik spielt offenbar in unserem Kleinhirn eine größere Rolle, als ich angenommen hatte. Alleine das Gefühl (und Geräusch) der Würfel in meiner Hand löst bei mir Emotionen aus (ein Punkt, der mir von allen meinen Mitspielern in unseren Debriefings bestätigt wurde). Man denke nur an den Moment vor der alles entscheidenden Probe, wo man mit den Mitspieler*innen nochmals Blicke austauscht und die Würfel in der Hand klappern lässt. Wie leicht ist es, hier mit der Spannungsschraube zu spielen.
Klar, eine Würfel-App (wir nutzen z.B. Roll20) kann den spielmechanischen Teil super abdecken. Je nach Spielsystem kann das Konfigurieren des Pools, die Auswahl und Auswertung der Würfel aber anfangs länger dauern. Und die Emotionen beim Mausklick sind bei mir zumindest schwächer.

Scotty, beam me zu meinem Spielort

Üblicherweise begannen meine Spieltage damit, am Sonntagmorgen um halb Sieben aufzustehen, die Kinder ins Auto zu setzen und zu Oma und Opa zu fahren, um pünktlich um zehn Uhr am Spielort sein zu können. Das hat sich nun gegessen. Nach einem gechillten Frühstück verschwinde ich im Hobbykeller, aus dem ich ab und an auftauche, um nach dem Rechten zu sehen. Nebenbei mit Kopfhörern am Herd stehen und das Mittagessen kochen? In einer kurzen Spielpause die Mathehausaufgaben kontrollieren? Alles kein Problem. Manchmal gedanklich dadurch abgelenkt zu sein? Äh… was hast du gesagt?
Und überhaupt: Wann habe ich das letzte Mal für „nur“ zwei bis drei Stunden an einem Wochentag-Abend gespielt?

Technik, Spielfluss

Habe ich gesagt, dass die Anfahrtszeit entfällt? Richtig. Was nicht wegfällt, ist die Zeit, die alle benötigen, um die Technik in Gang zu bringen. Im besten Fall nutzen wir diese Zeit für den Vorabsmalltalk, im schlechtesten warten vier Spieler*innen darauf, dass die Technik den letzten von uns endlich durch die Tore lässt. Wie gut, dass die Netzwerkqualität danach immer gut genug ist, um n… al… zu… verst… …as die Mitspi… … … …ich geben, nicht wahr?
Beruhigend ist auch, dass niemand von uns einen Router hat, der einmal pro Tag keine Lust mehr hat und neu gebootet werden muss, oder sogar einen Provider, der sporadisch für fünfzehn Minuten aus unbekannten, nicht rekonstruierbaren Gründen das Internet kappt. Windows-Reboot anyone? Nein, das passiert zum Glück niemand. Niemand.

Showdown at its best

Eine Sache, die unser Spielerlebnis wirklich bereichert hat, waren die Möglichkeiten, die uns ein Online-Tool wie Roll20 geliefert hat. Klaro kann man auch am Spieltisch aus Tokens, der Chipsschüssel und der umgedrehten Frischkäsepackung eine taktische Umgebung bauen, aber wenn man einen talentierten Grafiker hat, der mit dem richtigen Auge für stimmungsvolle Karten eine passende auswählt (oder sogar selbst gestaltet), auf der man am Bildschirm seine Figuren bewegt, dann ist das nochmal eine andere Sache. Wer kann wann wie weit seine Figur bewegen? Kann ich diesen gezeichneten Felsen nutzen, um hinaufzuklettern? Können wir uns an diesem Mauerdurchbruch verbarrikadieren? Das bietet schon einige taktische Möglichkeiten, die ich für meinen Teil gerne auch öfter im Präsenzspiel nutzen würde.

Und jetzt?

Eines ist mir im Laufe der letzten Monate klar geworden: Präsenz- und Onlinespiel sind unterschiedlich. Jedes hat seine spezifischen Stärken und Schwächen, die Jede und Jeder für sich anders beurteilen mag. Mich hat es bereichert und über bestimmte Dinge nochmal anders nachdenken lassen. Unsere Gruppe ist daran gewachsen. Wie ist das bei euch?

Khom – Der Feind und seine Gesichter (Teil 1)

Eines der wichtigen Präliminaria, die ich mir damals für die Khom-Kampagne gesetzt hatte, war ein gewisser Realismusanspruch und eine ansprechende Detailtiefe. Blöd nur, wenn das offizielle Spielmaterial nur genau fünf feindliche NSCs liefert – und davon drei Heerführer sind, denen man während der Kampagne nie wirklich von Angesicht zu Angesicht gegenüber steht.

Was also tun in solch einem Fall, um konkreten Spielnutzen zu generieren? Man verleiht der Al’Anfanischen Hydra mehr Gesichter.

Karneval der RSP Blogs: Kriminalabenteuer

Der Karneval der RSP Blogs handelt diesen – hüstel – letzten Monat vom Thema Polizei, Grund genug für mich, sich mal mit dem Thema Kriminalabenteuer auseinanderzusetzen – genauer gesagt, warum ich meine Liebe Mühe damit habe (und einige klägliche Versuche, diese in den Griff zu bekommen).

Vorweg: Ich mag eigentlich Kriminalabenteuer. Zumindest den Idealzustand davon. Ich kann mir ebenfalls vorstellen, dass viele Spieler*innen dort draußen es genießen, welche zu erleben. Mein Hauptproblem damit ist, dass unser aller Medienkonsum (Bücher, Serien, Filme, Hörspiele, Computerspiele, …) uns tagtäglich mit Kriminalgeschichten versorgt, die uns mit Konventionen und Erwartungen „vergiften“, die am Spieltisch oft schwierig umzusetzen sind.

Einige davon möchte ich an dieser Stelle gerne erläutern:

Sheriff Lonesome vs. Heldenhorde

„Die Ermittlerin schlich durch die feuchte Gasse, huschte von Schatten zu Schatten, um stets mit der Dunkelheit verschmolzen zu bleiben. Das Objekt ihrer Verfolgung blickte sich immer wieder nervös um, während es auf die Tür einer schmierigen Kaschemme zuhielt und schließlich darin verschwand. Die Ermittlerin lächelte, zog sich die Kapuze über den Kopf und legte sich bereits zurecht, wie sie sich unter die Menge mischen und dem hier folgenden Gespräch mit dem Drahtzieher möglichst unauffällig lauschen konnte…“

Ach nein, richtig: wir haben ja gar keine einsame, geschickte Ermittlerin. Dem Handlanger folgen der stahlklimpernde Zwerg („dieses Kettenhemd hat mein Urururur-Großvater mit seinem eigenen Blut und Sabber geschmiedet, das lege ich nicht einmal zum Schlafen ab!“), der humpelnde Magier („Ohne diesen Nachteil hätte ich niemals die GP für das Zauberritual des Dumpfipumpf bekommen!“) und der idealistische Ritter („Sobald der Schurke in der Kaschemme drin ist, stürmen wir den Laden und räuchern ihn komplett aus! – Was, ihr seid dagegen? Dann mach ich das eben allein!“).

Auch wenn es ein extremes Beispiel ist – ein Problem, das ich in Kriminalabenteuern sehe, ist dass viele archetypische Szenen auf Sheriff Lonesome maßgeschneidert sind und massiv unglaubwürdig werden, sobald eine Horde SCs hinein stolpern. Natürlich kann man die entsprechende Szene nur den einen der SCs erleben lassen, auf den dieses Szene passt, doch das ist in meinen Augen nur ein schaler Kompromiss, denn es zwingt den Rest der Spieler*innen in eine passive Beobachterrolle, die sich am Spieltisch nur zeitlich begrenzt sinnvoll umsetzen lässt. Denn blöderweise neigen Kriminalabenteuer dazu, öfters solche Szenen aufzuweisen und einen Alleingang eines SCs erfolgversprechender erscheinen zu lassen.

Ganz zu schweigen davon, dass typische Wendungen oft davon ausgehebelt werden. Beispiel gefällig: In der Kaschemme überschlagen sich Ereignisse, die Ermittlerin wird Zeugin einer überraschenden Wendung und verfolgt daraufhin den wahren Schuldigen bis zum großen Finale, weil sie sich unter die Kutsche hängt, mit der der Erzschurke davoneilt. Zwerg, Magier und Ritter dürfen also gerne ausknobeln, wer von ihnen das machen darf, um anschließend beim Schurken um Karenzzeit zu bitten? Nach dem Motto: „Moment bitte, ich muss kurz meine Kumpels anrufen, damit sie noch kommen, bevor du den Sohn des Grafen in diesem Schlammtümpel versenkst…“

Klaro gibt es auch Beispiele aus der Medienlandschaft, bei denen ein Ermittlerteam tätig ist. Oft sind diese allerdings hochgradig spezialisiert: Während einer den Schurken observiert, führt die zweite die Autopsie an der Leiche durch, die Cyberspezialistin findet den Fluss der Geldwäsche und der Chef der Truppe erwirkt derweil beim Richter den Durchsuchungsbefehl… Lässt sich am Bildschirm super sehen. Kann man auch spielen. Hat nur mit dem Erlebnis “Gruppenspiel“ nicht mehr allzu viel zu tun.

Man muss also entweder unrealistische Handlungen zu einem gewissen Grad in Kauf nehmen oder sich damit abfinden, dass viel Spielzeit im „Splitscreen“ verbracht wird.

Freiheit vs. Dramaturgie

In beinahe jedem Kriminalfall, den ich in den letzten Jahren in Medien konsumiert habe, stößt die Ermittlerin zuerst auf eine erfolgversprechende Spur, verfolgt diese durch Irrungen und Wirrungen – nur um nach der Hälfte der Zeit festzustellen, dass sie falsch ist. Das ist klasse für die Dramaturgie, setzt aber voraus, dass sie sich gleich zu Anfang auf diese Spur stürzt. In Roman, Film, etc. ist das super möglich, denn da bestimmt nur der Autor die Handlungen der Ermittlerin. Am Spieltisch sitzen oft vier bis sechs Gehirne, die das vollkommen anders angehen würden. Denn genau diese Freiheit, die man als Spieler*in hat, ist das einzigartige an unserem geliebten Hobby Rollenspiel!

Man muss also als SL ganz elegant die Handlungen seiner Spieler*innen lenken und manipulieren, um sie auf solch eine falsche Fährte lotsen zu können. Was gar nicht einfach ist. Denn es sollte den Spieler*innen bestenfalls nicht auffallen. Im Grunde ist es Railroading (wenn auch verstecktes, je nachdem wie fähig man als SL ist), das man in Kauf nehmen muss, um die Dramaturgie zu unterstützen. Eine Sache, die man aber stets unterschätzt, ist dass diese Dramaturgie nur wirkt, wenn man als Konsument des Kriminalfalls zumindest die Illusion bekommt, man hätte es lösen können, den einen Hinweis sehen können, der später zur richtigen Spur führt.

Beispiel dazu: Ich hatte im Rahmen einer kleinen, regionalen Kampagne, die in Aventurien in der Provinz Abagund spielt, ein selbstgeschriebenes Kriminalabenteuer in meiner Gruppe geleitet, in dem ein Diebstahl aus den Gemächern der Baronstochter (auf Burg Draustein) aufgeklärt werden sollte. In Wahrheit war es eine Krähe, die das Nest in einem Baum vor dem Fenster hatte, ich ließ also die Krähen regelmäßig in meinen Beschreibungen auftauchen und meine Spieler*innen hielten es zum Glück für einen Teil des Lokalkolorits. Nach einigen Irrungen, falschen Fährten und zunehmendem Zeitdruck kamen sie drauf – die dramaturgische Wirkung war großartig. Was ich gemacht hätte, wenn jemand gleich zu Anfang aus dem Fenster der Baronstochter geblickt und in das Vogelnest gesehen hätte? Keine Ahnung. Vielleicht gelogen? Oder den Spielleiterschirm zusammengeklappt, gratuliert und etwas anderes gespielt?

Man bewegt sich in einem Kriminalabenteuer also ständig auf einem extrem schmalen Grad zwischen Dramaturgie und Spielfreiheit, bzw. -einschränkung, den es zu balancieren gilt. Das muss man mögen – und als SL einige handwerkliche Fähigkeiten haben!

Spielen im Konjunktiv

Wer kennt nicht die Diskussionen rund um einen Heldenplan? Steigen wir in dieses Haus ein und wenn ja, wie? Welche Abwehrmaßnahmen gibt es? Wer geht zuerst über den Zaun? Was machen wir, wenn ein Hund auf der anderen Seite ist? Spieler*innen neigen dazu, sich vor absehbar komplizierten, und umso entscheidenderen (!), Szenen einen ausgefeilten Plan zurechtzulegen. Oft geht bis zu einer Stunde kostbarer Spielzeit dafür drauf, in der mehrere Varianten erwogen, verworfen, argumentiert und gegenargumentiert werden. Und am Schluss stellt sich heraus, dass die Situation völlig anders als erwartet ist, dass gleich der erste Würfelwurf schief geht, dass man etwas entscheidendes übersehen hat – und die gesamte Diskussion der letzten Stunde obsolet und im Grunde wertlos ist.

Schlimmer ist das ganze noch in Kriminalabenteuern. Hier gilt es nicht nur, die Pläne zu diskutieren, sondern zusätzlich die potentiellen Verdächtigen zu analysieren, Motive zu suchen, Theorien zu erörtern und daraus resultierende Handlungen und Optionen festzulegen. Okay, das gehört in einem gewissen Maß irgendwie immer zum Spiel.

Ich habe vor allem ein Problem damit, wenn es überhand nimmt. Wenn drei Viertel eines Spielabends im Konjunktiv stattfinden, aber niemals Realität werden, dann bleibt am Ende von solchen Diskussionen: Nichts. „Und, was habt ihr heute erlebt? – Nun, wir haben vor einer Scheune gestanden und diskutiert, aber als wir reingegangen sind, war sie leer.“ Kann man mögen. Ich finde es schwierig, wenn die Balance nicht mehr stimmt.

Solche Situationen erfordern meiner Meinung nach eine erhöhte SL-Aufmerksamkeit. Die SL muss an solchen Stellen regulierend eingreifen, damit sich die Spieler*innen nicht verrennen und damit die Konjunktiv-Zeit nicht die gesamte Spielzeit dominiert. Im Grunde einmal mehr eine Form von Railroading. Oder man akzeptiert halt, dass im Grunde nichts passiert und man die meiste Zeit in einem Gedankengebäude verbringt (das bereits im Gedankengebäude des Spielerlebnisses steckt, was die Sache noch verrückter macht).

Kriminalabenteuer mögen ein spezielles Genre sein – gut gemacht gehören sie allerdings zu den Highlights dessen, was man als Rollenspieler*in erleben kann (zumindest mir geht es so). Wenn es nicht so schwierig wäre, sie umzusetzen.

Mich würde interessieren, welche Erfahrungen ihr gemacht und welche Lösungsansätze ihr gewählt und für euer Spiel als gut empfunden habt.

Khom – Sultane

Ein großer, sinnvoll zu benutzender Cast, welche SL träumt nicht davon? Im Rahmen einer Sandbox wie der Khom Kampagne ist das umso erstrebenswerter. Woher sollen schließlich die Trigger, Aufgaben und Hebel kommen, mit denen die Spieler*innen arbeiten können?

Problematisch wird es dann, wenn genau vier NSCs auf der Seite der Verbündeten beschrieben sind – und diese zu allem Überfluss erst im späteren Verlauf der Kampagne überhaupt auftauchen. Am Beispiel von Sultanen will ich einen kurzen Abriss geben, was man in einem solchen Fall tun kann, um rasch zu einer größeren Substanz an NSCs zu gelangen.

Khom – Ebenen der Kampagnenplanung

Eine Sandbox von der Größe der Khom zu leiten ist ein fürchterlich anstrengender, niemals endender Kampf gegen die natürliche Entropie. Es gilt Dutzende verschiedene Schauplätze, einen schier unerschöpflichen Cast, die Motive und Handlungen von NSCs und SCs zu jonglieren – und sich nicht dabei in der Spielvorbereitung vollkommen aufzureiben.

Jede SL hat sicherlich ihren eigenen Weg, damit umzugehen, der bei ihr funktioniert. Eine Methodik, die mir dabei über Jahre hinweg geholfen hat, war die Drei-Ebenen-Systematik.

Khom – Intrigenspiel und Zielverfolgung

Die wenigsten Kampagnen werden wahrscheinlich zu Ende gespielt – so realistisch muss man schon sein. Früher oder später begegnen sie alle dem gemeingefährlichen „Luft raus“ Phänomen.

Die Aufgabe, vor der man als SL nun also steht, ist diesen Punkt so weit wie möglich nach hinten zu verschieben. Gänzlich verhindern wird man ihn wahrscheinlich nicht können.

Als ich die Khom damals geleitet habe, haben mir zwei Dinge wesentlich geholfen: Aufbackbrezn und Kaffee … äh natürlich Intrigenspiel und Zielverfolgung.

Karneval der RSP Blogs: Sprache und … Khom

Eigentlich hatte ich das Thema Sprache gar nicht auf der Agenda für meine Khom-Reihe und bin dort obendrein noch mit ganz anderen, basaleren Themen beschäftigt, aber … Karneval ist schließlich Karneval 😉

So sprang also noch ein Bonus-Artikel außer der Reihe heraus.

Als ich damals anfing, die Khom Kampagne zu leiten, war mir recht rasch klar, dass Sprache einen wichtigen Teil des Flairs ausmachen muss, das meine Spieler*innen erleben könnten (und auch sollten!). Nicht zuletzt hatte ich mir auf die Fahnen geschrieben, dass das Lokalkolorit, die Menschen und Gebräuche und die Begegnung mit der ungewohnten Mentalität einen bedeutenden Teil des Spielerlebnisses darstellen sollten.

Dann allerdings stieß ich im Laufe der Vorbereitung recht rasch an meine Grenzen und begegnete einem Problem, das mein Mitpodcaster Dennis später als „sensiblen Umgang mit Sprache“ beschrieben hat.
Das Problem kurz auf den Punkt gebracht: Wie soll ich den Spieler*innen plakativ das Fremde vermitteln, ohne in simple (und oft genug grauenhaft falsche) Klischees zu verfallen? Wie ohne zu große Überspitzung in der Darstellung klarmachen, wo und mit wem hier gerade gesprochen wird?

Ein Beispiel, das klarmacht, worum es mir geht, ist recht einfach geschildert: In jedem mittelmäßigen Western aus der Mitte des letzten Jahrhunderts gibt es die Rolle des Chinesen, der mit radebrechender Sprache den Cowboys und Indianern irgendwo behilflich ist. Dieses mittelmäßige Niveau haltende Synchronisation schafft es nun, ihm eine charakteristische Sprache zu geben, in der jedes „R“ aufgrund der (angeblichen) Unfähigkeit zur Aussprache zu einem „L“ mutiert, jede „Rothaut“ zu einer „Lothaut“, und spätestens beim „Levolvel“ hört die Pietät endgültig auf. Was für ein Riesenspaß! Vor allem für die Kinobesucher mit asiatischem Hintergrund. [Wer die Ironie nicht gefunden hat, dem sei sie nun ans Herz gelegt.]

Ein weiteres, ungleich diffizileres Beispiel ist aus dem Kontext des Legend of the Five Rings Kartenspiels neulich von einem Mitspieler an mich herangetragen worden. Dort war es jahrelang Usus, das Spiel mit dem Ausruf „Banzai!“ zu beginnen. Dies führte zum sogenannten Banzai-Gate, und seitdem wird heiß diskutiert, ob die negative Konnotation dieses Wortes aus dem Kontext des zweiten Weltkriegs an dieser Stelle nicht die Verwendung aus Respekt verbittet (denn das Ziel des Spiels ist ja letztlich die Mitempfindung japanischer Kultur und nicht deren Verballhornung).

Wie kann ich nun als SL der Khom Kampagne also verhindern, dass die Sprache meiner Protagonisten auf Seiten der Novadis nicht in eine Richtung abdriftet, die meine Spieler*innen unweigerlich an klischeehaftes „Ghettosprech“ deutscher Großstädte denken lässt?

  • Ganz ohne eine Veränderung des Sprechrhythmus und der Aussprache wird es wohl nicht gehen, denn neben dem ersten Problem habe ich noch das zweite Problem, dass ich einen riesigen Cast an NSCs habe, von denen jede(r) im Optimalfall eine eigene „Stimme“ besitzen soll (allein aufgrund der Differenzierbarkeit).
    Dann aber muss mir klar sein, dass ich die kehlige Aussprache sehr, sehr dosiert (!) einsetzen, und auf wenige Protagonisten beschränken muss.
  • Eine zweite Möglichkeit, deren Effekt ich immer wieder mit großer Zufriedenheit beobachten konnte, ist die Verwendung von spezifischen Begriffen und Namen. Zum Glück bietet das aventurische Universum hier mit der tulamidischen Sprache einen reichen Schatz an Vokabeln für alle möglichen Gelegenheiten (und ja: ich gebe zu, es benötigt manchmal ein wenig Überwindung, sich immer wieder die nötigen Vokabeln draufzuschaffen). Und im Zweifelsfall hilft an mancher Stelle auch das Arabische, das wunderschön lautmalerische Wörter liefern kann, die am Spieltisch lange in Erinnerung bleiben.
  • Einer dritten Möglichkeit begegnet man in der realen Welt immer wieder: Missverständnissen. Wer häufig in fremden Sprachen kommunizieren muss, wird das Phänomen kennen. Man missversteht einige Begriffe und es kommt völliger Blödsinn dabei heraus.
    In die Ingame Sprache ist das recht schnell eingebaut: Ich benutze einfach absichtlich falsche Wörter, die ich mal mehr, mal weniger auffällig in mein normales, am Spieltisch gesprochenes Deutsch einflechte, um zu simulieren, dass die SCs mit ihren Sprachkenntnissen manchmal im Detail daneben liegen. So habe ich meine Helden mal auf einen Turm anstatt in die Ställe geschickt, oder habe ihnen sogar einmal weisgemacht, sie müssten ihren Tee nach der Zubereitung auf den Boden schütten (anstatt ihn zu trinken). Nach kurzer Diskussion untereinander haben sie zum Glück beschlossen, das nicht zu tun und es auf ein Missverständnis geschoben. Schade, denn diese Beleidigung des Gastgebers hätte für reichlich Emotionen am Spieltisch gesorgt.
  • Womit wir schon bei der vierten Möglichkeit wären. Denn wichtiger noch (und oft untrennbar mit ihr verknüpft) als die Sprache ist oftmals die Kultur. Wenn es gelingt, dass sich die Spieler*innen am Spieltisch wirklich fremd fühlen, ist es die perfekte Ergänzung zum Fremdsprachenerlebnis.
    Ein kleiner (zwangsläufig unvollständiger) Abriss: Was gilt als (un)höflich? Wonach sollte man im Leben streben? Welche Rolle spielt die Religion im Alltag? Wofür wird SCs (kein) Respekt entgegengebracht? Wie ist der Umgang mit Reichtum/Armut? Welches sind (oft überraschend) die wichtigsten Werte?
    All dies kann zu interessanten Irritationen führen, die Spieler*innen am Tisch mit erinnerungswürdigen Erlebnissen versorgen.

In Summe ist Sprachen und Dialekte sicherlich eines der langlebigsten Themen, die im Rollenspielkontext diskutiert werden, ohne dass es eine Musterlösung gäbe, wie das am Spieltisch konstant reibungslos und zielführend funktioniert. Es gibt sicherlich hunderte Artikel und Podcasts dazu – mir wäre keiner in Erinnerung, der für durchgängig jede SL gut funktionierende Wege aufzeigt.

Am Ende ist es immer eine Typfrage: Was zeichnet mich als SL aus? Worauf lege ich Wert? Was passt zu meiner Gruppe?

Ich bin froh, in der Khom damals einen guten Weg gefunden zu haben und wünsche jedem viel Spaß dabei, seinen zu wählen.